- Die Namen im folgenden Zeugnis wurden zum Schutz der Betroffenen und ihrer Privatsphäre geändert. -
Berlin, 1954 - Die 18-jährige Sara lernt ihren Traummann kennen. Sie und Laban haben die gleichen Interessen und können sich stundenlang unterhalten. Wenn sie zusammen sind, verfliegt die Zeit. Besonders spannend finden die beiden die Kunst und ihre Geschichte sowie Musik. Gerne verbringen sie ihre Zeit gemeinsam in Konzerten oder in der Oper.
Außerdem glauben beide an Gott, was in Ostberlin zu der Zeit eine Seltenheit ist. Denn in den Schulen wird gelehrt, dass es keinen Gott gäbe und dass der Glaube an ihn Opium fürs Volk sei, wie Karl Marx es 1843/44 ausdrückte. Doch das junge Paar hielt an seinem Glauben an einen Gott fest und nahm auch in der Schule kein Blatt vor den Mund. Sara erinnert sich schmunzelnd: „Wie hatten ziemlichen Ärger, weil wir lautstark das Gegenteil gesagt haben.“
Ihren Glauben hatten sie aus dem Konfirmationsunterricht. Doch wiedergeborene Christen kannten sie noch nicht.
Nur einige Zeit später kommt es also wie es kommen muss - Sara und Laban heiraten 5 Jahre später, 1959. Sara ist zu dem Zeitpunkt 23 Jahre alt.
„Wir haben einen Faible für Kunst gehabt. […] Wir haben eigentlich dafür gelebt“, erzählt Sara in Erinnerung an ihre ersten Ehejahre. „Wir haben kunstgeschichtliche Besichtigungsreisen gemacht. Ich habe immer den ganzen Winter über riesige Kunstbände gewälzt. Ich habe die künstlerische Route festgelegt. Die geografische Route habe ich dann mit meinem Mann besprochen, weil er fuhr und das besser im Blick hatte. Er hat auch die Geschichte übernommen. Er hatte ganz tolle Geschichtskenntnisse. […] Ich habe mich den Winter über darauf vorbereitet. Und dann haben wir in den Museen gesessen und uns an den Gemälden gefreut; oder wir haben Ausgrabungsstätten besucht und uns daran erfreut. Wir haben uns an Musik erfreut, [sind] viel in Konzerte, viel in die Oper gegangen.“
Das Glück des jungen Paares war fast perfekt. Es fehlten nur noch Kinder. Doch diese ließen auf sich warten. Jahr um Jahr verging. Die Hoffnung schwand langsam. Erst 16 Ehejahre später, wurden ihre Hoffnungen erfüllt. Ein kleines Mädchen, Rahel, kam zur Welt. Die jungen Eltern waren voller Freude über dieses unerwartete Geschenk.
Schmunzelnd gesteht Sara: „Das war etwas schwierig, weil mein Mann seine Prinzen-Rolle abgeben musste. Das fiel ihm schwer. Aber das Baby, fand ich, musste etwas mehr Prinzen-Rolle abkriegen.“
Inzwischen war die junge Familie nach München gezogen, weil Laban eine neue Arbeitsstelle angefangen hatte. Sara war bereits Ende 40 als sie neue Nachbarn bekamen. „Die waren sehr nett [und] hilfsbereit. Aber die hatten die schreckliche Angewohnheit uns zu Weihnachten immer so furchtbar fromme Schriften zu schenken und dann haben sie uns auch eingeladen.“ Heute erzählt Sara dies mit einem Schalk in den Augen, früher hat es sie tatsächlich genervt. Doch obwohl sie nicht besonders begeistert auf die Versuche ihrer Nachbarn reagierte sie mit Jesus bekannt zu machen, so kann sie rückblickend sagen: „Der Herr war aber tüchtig am Wirken.“
„Als es [Gott] mit mir gelangt hat, hat er mir einen Zeugen Jehovas vor die Füße [gestellt] und zwar meinen Friseur“, erzählt sie weiter. Besagter Friseur fing plötzlich an sich mit ihr zu unterhalten. Irgendwann kam die Sprache auf die Konfirmation von Rahel, wodurch er Sara auf ihren evangelischen Glauben ansprach. Er erzählte ihr, dass er selbst zu den Zeugen Jehovas gehöre. Sara berichtet von ihren Gedanken in diesem Moment: „ Also eine Alarmglocke klingelte dann schon. Ich dachte: also Zeuge Jehovas will ich nicht werden.“
Dennoch bekam sie ein Büchlein von ihm geschenkt, über welches er sich mit ihr unterhalten wolle, sobald sie es fertig gelesen habe. Sara entschloss sich dieses ihm zu Liebe zu lesen. „Ich dachte mir dann, er ist so ein netter Mensch. Der will dann mit mir darüber reden. Naja, dann lese ich die mal.“
Sara las das Büchlein tatsächlich, wobei sie nicht erkennen konnte, was am Glauben der Zeugen Jehovas falsch sein sollte. Sie erklärt, dass sie wisse, dass es eine Sekte sei, aber sie könne die Fehler nicht finden. So begann sie Bibelstellen zu vergleichen. Doch es stimmte fast alles überein. Ihr fiel lediglich auf, dass Jesus bei den Zeugen Jehovas nicht angebetet wurde. Doch das war doch nicht schlimm, oder?
Nachdem sie ihrem Friseur das Büchlein zurück gegeben hatte, bekam sie ein weiteres zum Lesen. Dieses war ihrer Meinung nach, nicht anders als das erste. Danach bot ihr Friseur ihr plötzlich an, einen Bibellese Kurs mit ihrer Familie zu machen. Sara war mit diesem Vorschlag nicht sonderlich einverstanden: „Da klingelten bei mir dann sämtliche Alarmglocken. Also den dann auch noch ins Haus holen - nein, das geht nicht.“
Immer mehr häuften sich ihre Begegnungen mit wiedergeborener Christen. Das Paar wurde zum Beispiel zu einer „Vereinigung von Geschäftsleuten“ eingeladen, „die so eine Missionsarbeit machen. Sie laden Leute in ein schickes Hotel zu einem schicken Essen ein und dann gibt es einen Vortrag und es gibt auch ein Zeugnis“, schildert Sara diese Treffen. Als sie bei einem dieser Veranstaltungen nach ihrer Meinung dazu gefragt wurde, antwortete sie gerade heraus: „Der Vortrag war sehr interessant. Aber das Zeugnis fand ich zum Kotzen.“
Nach einigen Begegnungen dieser Art und schlußendlich durch die Einladung ihres Friseurs, entschied Sara sich, ihre Nachbarn anzurufen, die sie bereits seit acht Jahren immer wieder einluden. Sie erinnert sich noch lebhaft daran: „Da habe ich den Nachbarn angerufen und gefragt: `Sagen sie mal: ihre Einladung zum Bibelkreis besteht noch?´
´Ja, natürlich.`
´Kann ich da auch meine Meinung sagen?´
`Ja, natürlich.`
`Gut, dann komme ich.`“
Damit war die Sache beschlossen. Sara war positiv überrascht. Woche für Woche kam sie wieder und arbeitete sich nach und nach mit der Gruppe durch die Bibel. Sie konnte viele Fragen loswerden. Doch erst etwa ein halbes Jahr später erkannte sie beim Lesen des Römerbriefes, dass sie nicht errettet war.
Diese Erkenntnis teilte sie vorerst mit niemandem. Aber bereits drei Wochen später, merkte einer der Teilnehmer an dem Bibelkurs, dass sie sich verändert hatte. „Es hat sich sehr viel verändert“, bestätigte sie ihm.
Leider war nicht jeder froh über diese Veränderung. „Ich habe dann nach drei oder vier Wochen an mir selber festgestellt, dass ich anders dachte. Mein Mann hat das natürlich auch gemerkt und für den war es eine Katastrophe. Es war einfach eine Katastrophe. Er hat sich so aufgeregt. Er hat Tag und Nacht nur geschrien. [Es war für ihn] unbeschreiblich, dass ich Jesus mehr lieben soll als ihn. Das war furchtbar für ihn, weil er eben dachte, das sei eine männliche Konkurrenz. […] Ich konnte ihm da nicht helfen. Ich habe ihm gesagt, dass Jesus doch nicht seine Konkurrenz sei. Das wäre doch etwas ganz anderes. Also er tat mir wirklich leid.“
Für Sara und auch Laban begannen Jahrzehnte des Leidens und der Schmerzen. Wo vorher eine „sehr starke geistige Verbindung“ gewesen war, fanden sich jetzt Unverständnis, Einsamkeit und Trauer.
Sara beschreibt diese Zeit wie folgt: „ Es waren Qualen, die ich ausgestanden habe. […] Und meine Freundinnen sagten: Menschenskind! Das ist ja ein richtiges Martyrium mit dieser Ehe. - [Laban] hat auch gelitten.“
Sechs Jahre später zog die Familie zurück nach Berlin. Sara wurde „so richtig“ in den Dienst und in die Arbeit „reingeworfen“. Ihr Mann blieb ihrem Glauben gegenüber allerdings weiterhin skeptisch. Für ihn als Wissenschaftler waren Fakten und Diskussionen, Beweise elementar.
Eines Tages bat er Sara, ihm eine Bibelstelle zu erklären. Sara berichtet rückblickend: „Und ich Schaf bin drauf reingefallen. Ich dachte: Ach, wie schön! Er will diese Bibelstelle erklärt haben. Und dann blieb es nicht bei Erklärungen; dann gingen die Diskussionen los. Und die Diskussionen waren echt schlimm, weil sie unsere Beziehung kaputt gemacht haben. Für mich waren sie so furchtbar, [wegen dem], was er über Gott gesagt hat. Wenn man Gott liebt und dann so schlimme Dinge hört, die Ihm vorgeworfen werden, dann ist das gräulich.“
Geschrei, Diskussionen und Verletzungen waren an der Tagesordnung. Ihre anfangs so harmonische Ehe war den Bach runter gegangen, lag in Trümmern vor ihnen. Nach einer dieser Diskussionen lief Laban schreiend aus dem Raum. Rahel, die sich mittlerweile auch für ein Leben mit Jesus entschieden hatte, bekam dies mit. Nach einem kurzen Gespräch mit ihrer Mutter war ihr klar, dass ihre Eltern diesen Disput nicht im Frieden beendet hatten. Ihren Vater fand sie anschließend weinen in einer Ecke des Hauses. Auf ihre Frage, was denn los sei, antwortete er ihr voller Schmerz: „Mama liebt mich nicht mehr; die will nicht mehr mit mir diskutieren.“
Es fiel Sara tatsächlich zunehmend schwer, ihrem Mann mit Liebe zu begegnen. Sie erinnert sich noch gut daran, dass sie einmal so wütend auf ihn gewesen sei, dass sie Gott gefragt hatte: „Herr, muss ich denn für diesen Menschen noch beten, der so schlimme Sachen sagt?“
Wegzulaufen kam ihr nach 30 Ehejahren nicht in den Sinn. Da sie ihren Mann jedoch ebenfalls leiden sah, machte sie ihm folgendes Angebot: „Ich würde mich nie von dir trennen. Aber wenn du es nicht ertragen kannst mit mir - und ich ändere mich nicht - dann empfehle ich dir, dich von mir zu trennen.“ Doch Laban wollte davon nichts hören: „Nein, das kommt überhaupt nicht in Frage. Ich will mich nicht von dir trennen, sondern ich will, dass du wieder zurück kommst.“
Sara ließ nicht von Jesus ab, und mit der Zeit fing das Paar wieder an normaler miteinander zu sprechen. Sie unterhielten sich über andere Dinge als über den Glauben oder die Bibel, was zu weniger Diskussionen führte. Zurück zu der vorher herrschenden Harmonie und den geteilten Interessen fanden sie jedoch nicht mehr. Ihre geistige Gemeinschaft blieb gestört, erzählt Sara.
Mit dem Blick zurück gesteht Sara: „Wenn ich meinen Mann in dem Zustand kennen gelernt hätte, also ich bekehrt und er unbekehrt, hätte ich ihn ganz gewiss nicht geheiratet.“ Gleichzeitig ist sie sich aber auch sicher: „Die Jahre waren qualvoll. Aber ich habe es auch nicht bereut, dass ich mich nicht von ihm getrennt habe. Ja, ich habe das lieber ausgehalten. Ich habe auch vor allen Dingen gehofft, dass er sich noch bekehrt. Wenn ich weggegangen wäre, also wenn ich ihn verlassen hätte, hätte er sich nie bekehrt - ganz gewiss nicht.“
Tatsächlich bekehrte Laban sich Jahrzehnte später noch auf dem Sterbebett. Saras, Rahels und die ausdauernden Gebete seiner Mutter, die sich bereits nach kurzer Zeit ebenfalls bekehrte, zeigten endlich ihre Wirkung.
Einige Zeit vorher erlitt die kleine Familie einen schweren finanziellen Verlust. Laban begann sofort wieder auf Gott zu schimpfen und zu klagen, dass Er doch hätte auf sie aufpassen müssen. Sara wies ihn jedoch schnell in seine Schranken: „Wieso? Was hast du Gott gegeben, dass er auf dich aufpassen muss?“ Sie bekam keine Antwort von ihrem Mann. Aber er schimpfte auch nicht mehr gegen Gott.
Etwa ein viertel bis ein halbes Jahr vor dem Tod Labans, merkte sein Schwiegersohn an: „Findet ihr nicht, dass der Opa so gnädig geworden ist?“ Offensichtlich hatten die Worte seiner Frau ihn also nicht nur für einen Moment zum Nachdenken gebracht.
Im Jahr 2021 war Laban die meiste Zeit bettlägerig. Am Tag vor seinem Tod, bekam er noch einmal Besuch von seiner Tochter mit ihrem Mann und ihrer 8-jährigen Tochter. Laban deutete Rahel an, dass er mit ihr sprechen wolle. Dies fiel ihm zu dem Zeitpunkt schon sehr schwer. Alle, bis auf Rahel, verließen den Raum. Nachher berichtete sie ihrer Mutter: „Mama, der Papa ist errettet!“
Noch am selben Tag betrat Sara das Zimmer ihres Mannes wiederholt. Dieses Mal alleine. Laban hielt ihr stumm die gefalteten Hände entgegen. Sara fragte daraufhin: „Möchtest du, dass ich mit dir bete? Möchtest du, dass ich für dich das Gebet spreche und du zeigst mir, ob du einverstanden bist?“ Genau so machte das mittlerweile in die Jahre gekommene Ehepaar es dann auch tatsächlich.
Einen Tag darauf wurde Laban von den Pflegern gewaschen. Sara setzte sich währenddessen zu ihm. Ihr Mann lag mit dem Gesicht zur Wand, sodass sie es nicht sehen konnte. Aus welchem Grund sie aufstand, um sich über ihn zu beugen und sein Gesicht zu sehen, weiß sie heute nicht mehr. Sie erinnert sich aber noch lebhaft an die folgenden Ereignisse. Als Sara sich über ihren Mann beugte, sah sie wie sein Gesicht sich plötzlich heftig verzog. „Das war eine richtige Teufelsfratze. Und dann habe ich so eine Angst gekriegt. Ich habe geschrien: Herr Jesus hilf! Herr Jesus hilf! Herr Jesus hilf! - Dann entspannte sich sein Gesicht“, berichtet Sara. Dieses Geschehen wiederholte sich noch einmal. Danach wurde die Atmung Labans, die in den vergangenen zwei Tagen sehr heftig gewesen war, völlig ruhig. Eine halbe Stunde später machte Laban den letzten Atemzug.
Der schwierige, eifersüchtige Mann, zu dem er über die Jahre geworden war, wandte sich schlussendlich doch noch an Jesus.
Heute ist es Sara ein starkes Anliegen junge christliche Frauen davor zu warnen, jemanden zu heiraten, der kein wiedergeborener Christ ist. „Hände weg, kann ich nur raten“, ermahnt sie liebevoll. Denn sie wünscht niemandem ein Leben wie das ihre: „Ich [hatte] einen lieben Ehemann, aber geistlich [war] ich eine Witwe.“
„Wenn man einen Ungläubigen heiratet, [wenn man selbst wiedergeborene ist], dann weiß man, dass man sich in die sehr reale Gefahr begibt, dass man von Jesus abfällt - und die ist wirklich sehr real“, warnt sie.
„Wenn ich einen Ungläubigen heirate, bringe ich die Kraft auf bei Jesus zu bleiben? [Über mich wurde gesagt, ich sei] eine ganz rigorose Christin. Ja, das war ich auch. Ich wollte auf keinen Fall lau werden.“ In Offenbarung 3,16 heißt es: „So aber, weil du lau bist und weder kalt noch heiß, werde ich dich ausspeien aus meinem Mund.“ Bezogen auf diese Stelle erinnert Sara jeden Leser eindringlich: „Wenn man mit einem ungläubigen Menschen verheiratet ist, muss man hart an Jesus bleiben, sonst speit er einen aus seinem Mund.“
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